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■ Eine Krone von Veilchen
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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2021-06-18
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Ende der Weihnachtszeit
Eine Schülerin bekam in einer deutschen Fernsehsendung die Quizfrage gestellt: „Was wird an Weihnachten gefeiert und warum?“ Die Jugendliche schaute unschlüssig in die Runde und antwortete gelassen: „Ich weiß es nicht.“ Es folgte eine Wochenlange Expertendiskussion auf allen Radio- und Fernsehkanälen. Einige meinten, es wäre gut, wenn die Jugend sich von diesen veralteten, verstaubten und nicht zeitgemäßen Modeströmungen entsprechenden Traditionen distanzieren würde. Man hat ihr sogar eine Hilfestellung gegeben: „Auf jeder Zeitung steht das Datum jenes Ereignisses“, worauf die Jugendliche schelmisch lächelte. „Ich war nicht anwesend, als man das beschloss. Und mit der Politik habe ich nichts am Hut!“, hat sie entschieden und überzeugt, dass sie beim Thema ist, hinzugefügt. Man kann anscheinend sehr gut leben, ohne zu wissen, wann der Weihnachtsmann kommt oder warum in einigen deutschen Kirchen die Glocken nicht mehr läuten. Sie stören die öffentliche Ruhe, die sehr wichtig ist. Darum heißt es auch: „Wir leben in der Gegenwart.“ Die unendlichen Prozesse „warum läuten oder warum läuten die Glocken nicht“ hat die Gesellschaft in viele Lager gespalten. Man kann mit deren Informationslawinen nicht Schritt halten. In den Frühjahrsferien bin ich anlässlich des Osterfestes nach Bukarest gefahren „Was passiert an Ostern?“, wird ein Schüler in der Schule gefragt. „Der Osterhase und Großmutter kommen.“ „Noch etwas?“ „Ja, wir müssen essen und trinken.“ „Und was noch?“ Stille! Und siehe da, so wurde auch langsam aber sicher vergessen, was an den heiligen Osterfeiertagen geschieht. Für die einen kommt der Osterhase, die Großmutter und es wird gut gegessen. Die Religionsstunden sind optional. Die Schulsysteme sind von Bundesland zu Bundesland verschieden. Deutschland ist in größere oder kleinere Bundesländer eingeteilt, mit vielen Unterschieden und Skandalen und besonders mit vielen politischen Orientierungen und Tendenzen. Wie auch immer, die Menschen sind nach Reformen mehr mit dem Lernen von Gesetzen und weniger mit ihren Kindern beschäftigt, so dass ein Schüler keineswegs an seiner Übermüdung in den Unterrichtsstunden schuld sein kann. Diese Stunden können auch schon mal ausfallen, ohne dann nachgeholt zu werden. Du gehst nach Hause und lernst. Und wenn du nach Hause gehst und nicht lernst, ist das dein Problem, du bist frei, zu entscheiden. Wirklich, alle mir bekannten Kinder können allein entscheiden, alles und immer. Welches sind wohl die Idole der Kinder von heute, diese schönen Männer und Frauen, von denen wir in unserer Kindheit träumten? Erinnert Ihr euch noch, wer eure Lieblinge waren? Wir in unserer Klasse hatten viele: Adamo, Jimi Hendrix, Alain Delon, Pierre Brice, Beatles, Gandhi … und andere, die mit der Zeit verloren gingen. Wir hatten ganze Sammlungen, begonnen von Briefmarken, Servietten, Poster, Bierdeckel, alte Münzen aus den Truhen der Großmütter oder den Dachböden der Tanten, jede Art von Taschentüchern, Fächer, Kieselsteine in allen Größen, Muscheln. Aber ich glaube, alle sammelten Schauspieler und Schauspielerinnen. Mutter hat sie an einem Wintertag in meiner Schultasche gefunden. „Wer sind die?“ „Niemand, Schauspieler, Mutter, Schauspieler.“ „Gehst du in die Schule, um Schauspieler zu sammeln? Weiß die Genossin das? „Mutter, bitte, wir spielen alle damit.“ „Das Leben ist kein Spiel. Du musst ein seriöser Mensch werden. Du weißt, was Vati von den Schauspielern hält.“ Und sie hat mir das kleine Päckchen mit den Bildchen in Spielkartengröße abgenommen und ins Feuer geschmissen. Zuletzt sah ich Adamos Antlitz, das sich in einem Holzgeprassel wandte. Ich habe mir geschworen, nichts mehr zu sammeln. Adamo sah damals im Ofen aus wie heute in seinem dritten Alter. Und Mutter wartete, bis die Gesichter meiner Idole dahingeschmolzen waren, und auch die Katze sah uns staunend zu. Mutter hat meinen großen Schmerz gesehen, das von mir ausstrahlende Herzeleid wie bei der Beerdigung eines lieben Menschen. Dann legte sie mir die Hand auf die Schulter und sagte versöhnlich: „Ich werde Vati nichts sagen, es wäre gut, wenn du dich von den Menschen fernhalten würdest, heute sagen sie eines, morgen was anderes … ja, das ist ein Schauspieler, ich weiß nicht, wie er ist, aber gut ist er nicht, so sagte Vati.“ Zitate wie „so hat Vati gesagt“ machten jede Problemlösung zunichte und führten zu nichts, vielleicht zu Überdruss. Wenn du ein Meer von Problemen hast und deine einzige Möglichkeit darin besteht, entweder zu wiederholen, was ein anderer gesagt hat, oder die Devise „So ist das Leben!“ zu adoptieren, oder die Augen vor der Welt zu verschließen, denn was man nicht sieht, „existiert nicht“, scheint das keine konstruktive Lösung zu sein. Oder? „Aber warum geht Ihr dann ins Theater?“ „Ah, historische Stücke, die sind anschauenswert, auch damit wir etwas anderes als das schwere Leben sehen. Neben Theater und Geschichte, sollten wir auch Kleinkunstbühnen erleben, tanzen … ja, in der Oper ist es gut, dort ist es gut, es ist etwas anderes.“ Jener Abend war ein wichtiger Moment. Ich habe die Abhängigkeit gespürt, du hast keine Chance, selbst zu entscheiden. Was immer du auch tust, einer ist größer, und stärker und schneller … und reißt dir die Sammlung aus den Händen, um sie ins Feuer zu werfen! Ich glaube, beim Tode von JF Kennedy habe ich mich auch so hilflos gefühlt und geweint. Ich verstand nur, dass er schön war, eine blonde Freundin hatte und erschossen wurde. Ein Nachbarmädchen klärte mich auf, dass er von einem Türken umgebracht wurde. Und abends, als wir „Land, Land, wir wollen Soldaten“ oder „Zurka“ spielten, verfluchten wir ab und zu die Türken. Irgendwann habe ich erfahren, dass es nicht stimmte. Eigentlich konnten die Türken, warum auch immer, nicht leicht nach Amerika gelangen. Es scheint ein einfacher nach Amerika gelangter Russe gewesen zu sein, der JFK erschossen hat. Und dann haben wir ungefähr ein Jahr lang die Russen in unseren Kinderspielen verdammt. Wir ahmten auch die Großen nach, die keine Gelegenheit ausließen, die Kapitalisten lauthals zu beschimpfen, die von „drüben“ … und mit gedämpfter Stimme die Russen, die Kommunisten … in den Haltestellen, in den Straßenbahnen, im Bahnhof, auf den Treppen der Busse, im Winter in Fußgängergruppen, weil Fahrgelegenheiten fehlten … überall wurde geschimpft. Psychiater brauchten die Leute keine. Ein besseres „Ventil“ als diese unendlichen, jedem zur Verfügung stehenden Schimpftiraden ist bisher medizinisch nicht nachgewiesen. Vor dem Gassenzaun stand eine kleine Bank, auf der man die Probleme des Lebens diskutierte. Die Plätze für diese Bänkchen werden immer spärlicher. Die Anzahl derer, die ihre Klagen nicht loswerden, wird steigen. Das ist nicht meine Geschichte. Ich erzähle nur von den Erlebnissen einer Frau, die am Unirii-Platz einen Heilkräuterladen hatte. Jetzt nicht mehr, sie ist vor dem Eintritt Rumäniens in die EU in Rente gegangen. „Oh Gott, ich werde das nicht überleben, wenn diese Asiaten in Wellen kommen mit ihren Pflanzen, wenn ich mit allerlei Genehmigungen verkaufen muss, besonders wenn ich wissen muss, was auf den Beuteln und Klebezetteln in allen möglichen und unmöglichen Sprachen geschrieben steht! Wissen Sie, es war besser, als ich Tees aus unserer Erde verkaufte: Schafgarbe, Salbei, Zichorie und in Schachteln angefertigte Cremes, du weißt schon, unansehnliche aber gute Cremes, gute … sehr gute.“ Ja, ich erinnere mich: Nacht-Elida, Tag-Elida, Elida für alles, eine Art Nivea, die Mutter für alles benutzte. Dann hatte man noch Spiritus, Tees, Algocalmin und Sulfamid, eh, bei den schweren Krankheitsverläufen fügte man Antibiotikums hinzu und den Rest der Wehwehchen minderte man mit Salzwasser, Spirituswasser, mit Schröpfgläser, Wasser mit Essig, Massage und Tüchern, mit denen du die Stellen mit dem größten Schmerz einhüllen konntest. Nur selten wurden Injektionen verabreicht. Erinnert Ihr euch noch? Die Nadeln wurden gekocht. Es gab nicht für jeden eine andere Nadel. Und auch nur ab und zu wurde die Watte umgedreht! Die Spritzen wurden in sogenannten Sterilisationskästchen, eingepackt in Fetzen, Mull genannt, tagsüber wie die Maiskolben gekocht, viele Stunden lang; und der milchige Dampf füllte die Klinik mit einer feuchten Luft. So war es auch bei uns im Rahova-Viertel beim Dispensar * an der Ecke des Marktplatzes, wohin ich sehr stolz mit Mutter ging. Dort war eine Frau, die ich schon mal erwähnt habe, Frau Dessila, mit einer gutmütigen und warmen Stimme, auch wenn man den Rauch von Zigaretten schlechter Qualität spürte. Sie war die erste Frau, die ich rauchen sah. Sie war Ärztin und hatte das Recht, hat Mutter mir gesagt. Sie nahm mich in die Arme, sah mich treuherzig an und sagte: „Du bist ein tapferes Mädchen und hast ein schönes Kleidchen. Du brauchst nicht weinen.“ Aber ich weinte, als sie mich impfte mit riesengroßen Nadeln, die heute von Amnesty International verboten wären, weil sie als weiße Waffen gelten würden. Warte, ich erinnere mich, es gab im Lyzeum einige Schriftsteller, die uns imponierten: Jack London, Jules Verne, später Blaga, Rilke, Jessenin, Puschkin. Aber aus Dr. Schiwago habe ich nur ab und zu einige von vielen Händen zerknitterte und vergilbte Blätter gelesen. Sicher haben wir alle „Fram, der Eisbär“ oder „Gogu pintenogu“* gelesen, und alle hatten wir das gleiche Zeichenheft. Wir hatten keine Wahl und aus dem ABC-Buch* muss ich euch wohl nicht zitieren … Fast alle endeten mit „Mutter geht in die Fabrik“, „Vater ist Schweißer“ oder „Viorel hat einen großen Wurm“ und „Anna hat Äpfel“ ist sogar berühmt. Ich habe keinen Vater als Schweißer gekannt, es stimmt, fast alle Mütter gingen in die Fabrik. Wenn ich den Namen Anna höre, denke ich mir immer, die muss sicherlich viele Äpfel haben, aber warum Viorel einen großen Wurm hatte, weiß ich nicht, denn die Würmer, die wir auf dem Feld sahen, waren alle gleich. Ich weiß nicht, was der Autor des ABC-Buches, das er in den 50er Jahren geschrieben hat, für eine Vorstellungskraft hatte: Die Beispiele waren weit entfernt von der Realität eines Kindes. Als sich die Sonne dem Untergang neigte, gingen die Hühner schlafen und die Vögel kehrten in ihre Nester zurück. Vielleicht ist es auch heute noch so, nur dass einige Nester nicht mehr für jedes Kind zugänglich sind. So wie über die armen Vögel machten wir uns auch über Mäuschennester her. Und vor Weihnachten sahen wir die Wildgänse ziehen. Wahrscheinlich sind Nils Holgersson und die Gans Akka eine Rettungsmethode. Es wird noch Kinder und Eltern geben, die sie lesen werden. Und die Wildgänse wissen viel besser als die Präsidenten, wo die Rettung der Welt zu finden ist. Im Herbst 2010 haben die Wildgänse Sibirien einen Monat früher verlassen und es vorgezogen, schneller an die Ufer des Rheins zu gelangen, wo sie einen Lärm machten, vor dem sie sich augenscheinlich selbst schämten. Als ich an ihnen vorbeischritt rührten sie sich nicht, steckten ihre Köpfe unter die Flügel und zogen sie wieder hervor, als ich vorbei war, um sich mit ihren Nachbarn zu unterhalten. Wahrscheinlich über ihren langen Weg und die Kopflosigkeit, die sie gerade erleben, wenn wir bedenken, dass tausende Gänse übereinkamen, früher aufzubrechen und auch noch auf die andere Seite der Welt zu gelangen. [aus dem Rumänischen von Anton Potche] *Worterklärungen - Dispensar = Hausarztpraxis - Gogu pintenogu = ein beliebtes Kinderbuch von Cicerone Theodorescu (Gogu ist ein stolzierender Hahn) - ABC-Buch (rum.: abcdar) = Lesefibel für die erste Schulklasse |
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