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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2005-04-17 | [This text should be read in deutsch] |
âIch habe Unkeusches getan. / Allein oder mit anderen? / Mit Anneliese. / Ăfter? / Einmal. / Ich höre.â (Martin Walser: Die TodsĂŒnde; Focus Nr. 50 vom 6. Dezember 2004). Ich habe Anneliese geliebt, keine Frage, und es war nicht meine erste Liebe. Jene lag weit vor dieser pubertĂ€ren SchwĂ€rmerei fĂŒr das MĂ€dchen in der Alten Gasse. Sie galt einem MĂ€dchen in der Hauptgasse und war auch damals in der Vorschulzeit schon voller vorpubertĂ€rer Leidenschaft, die meistens im Zwicken und Nachlaufen ihren Niederschlag fand. Zum GlĂŒck fiel keine der beiden Romanzen unter die Rubrik TodsĂŒnde.
Doch dazwischen, da lag etwas, ein Vorkommnis. Oder waren es gar mehrere? Mein Gott, es ist schon so lange her, knapp 40 Jahre. Ein Vergehen, es war eindeutig ein VerstoĂ gegen das VII. Gebot: Beraube niemand seiner Freiheit und seines Eigentums! In den staatlich verbotenen und in der Sakristei der Dorfkirche unter konspirativen Bedingungen abgehaltenen Religionsstunden hieĂ es schlicht und einfach, du sollst nicht stehlen. Ich tat es trotzdem und habe es bis heute nicht gebeichtet. Auf totale Absolution will ich auch gar nicht mehr hinaus. Mein jetziges Reuebekenntnis wĂ€re wahrscheinlich sogar wieder eine Gebotsverletzung, denn ich weiĂ beim besten Willen nicht mehr ob ich nur einmal oder, - wenn mehrmals, wie schrecklich! â, wie oft ich im alten Kasten in der Stube nach paar Lei gesucht hatte und wie viel mir dabei in die HĂ€nde gefallen war. Auf jeden Fall war ich so in den Besitz einiger dieser Scheine gekommen, die anscheinend irgendjemand als kleinen Notgroschen gut versteckt hatte und nie mehr daran gedacht hat, denn das Geld wurde meines Wissens nie vermisst. Begangen hatte ich diese unheilige Tat fĂŒr einen Mann, dem der Chefredakteur der Kölnischen Volkszeitung vor mehr als einem Jahrhundert vorwarf, er habe seine Reiseerlebnisse, die er in so packender Manier zu schildern wusste, nie selbst erlebt, sondern alles erlogen und am Schreibtisch ausgedacht. Dabei hatte der Mann doch schon zu Lebzeiten ohne Scheu öffentlich kundgetan: âIch selbst bin Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi und habe all jene Abenteuer und Heldentaten, die in meinen BĂŒchern geschrieben stehen, selbst erlebt.â GegenĂŒber dem tschechischen Verleger Villimek wurde er am 8. Juli 1898 noch um einiges deutlicher: âMeine Werke sind nicht zu beurteilen, wie die BĂŒcher anderer, auch Verneâs. Die meinigen sind nicht bloĂ die FrĂŒchte langer und angestrengter Studien, sondern noch mehr die Erfolge fast 30jĂ€hriger Reisen, Entbehrungen und Gefahren; sie sind, man kann das wörtlich nehmen, mit meinem Blute aus den Wunden geflossen, deren Narben ich noch heute an meinem Körper trage...â Heute weiĂ nicht nur ich: Der Mann hat eindeutig gegen das VIII. Gebot verstoĂen. âSage nichts Unwahres ĂŒber deinen Mitmenschenâ, hieĂ auf meinem ersten Beichtspickzettel lediglich: Ich habe gelogen. Er, der Mann fĂŒr den ich gestohlen und dabei vielleicht sogar das IV. Gebot zumindest angekratzt hatte, - wo es da heiĂt: âEhre Vater und Mutter! So hat der Herr, dein Gott, es dir befohlen; und wenn du das tust, wirst du lange leben und es wird dir gut gehen in dem Land, das dir der Herr, dein Gott gibt.â - hat also gelogen. Gut, der AllmĂ€chtige hat mir anscheinend nicht gezĂŒrnt, ja sogar alles vergeben, denn eines Tages gab er mir ein anderes Land und wieder einige Jahre spĂ€ter schenkte er mir dazu noch das Land, in dem der Mann geboren wurde, trĂ€umte, schrieb und gestorben ist, fĂŒr den ich zwischen Inge und Anneliese so wichtige Gebote gebrochen hatte, fĂŒr Karl May (1842 â 1912). Nach vielen, vielen Sommern und Wintern, die den wilden Westen und heiĂen Orient allmĂ€hlich meiner kindlichen Fantasie entrissen und sie leider der realen Welt zuordneten, stand ich endlich im warmen und auĂerordentlich freundlichen SpĂ€tsommer des Jahres 2004 vor der Villa âShatterhandâ in Radebeul bei Dresden. Meine Gedanken verselbststĂ€ndigten sich beim Anblick des Anwesens. Es waren aber weniger die Helden meiner KindheitstrĂ€ume, Winnetou, Old Shatterhand, Hadschi Halef Omar und die vielen anderen, die meine Nostalgie in diesem Augenblick nĂ€hrten, sondern vielmehr die âHeldentatenâ, die ich damals hinter dem Eisernen Vorhang selbst verbringen musste, um an je mehr Karl-May-BĂŒcher heranzukommen. Dass dabei auch einige alte und wahrscheinlich wertvolle, aber von der damaligen Erwachsenengeneration kaum noch beachtete und verwaist in alten SchrĂ€nken und SchubladenkĂ€sten herumliegende BĂŒcher den Besitzer wechselten, war nur eine der Folgen bĂŒbischer Vergehen. Das Karl-May-Museum hat sein jetziges Angesicht erst 1995 erhalten. Es umfasst die Villa âShatterhandâ mit der authentisch eingerichteten Bibliothek, dem Empfangssalon Karl Mays und seinem orientalisch gestalteten Arbeitszimmer, die schon seit 1928 zugĂ€ngliche âVilla BĂ€renfettâ, mit einer in Europa einzigartigen indianischen Ethnographica-Sammlung, sowie einen Park. Karl May hatte die Villa im Jahre 1895 erworben und sie selbst âShatterhandâ getauft. Man schreitet durch die RĂ€ume und ist beeindruckt oder auch ergriffen von der ansteckenden Fantasie dieses kleinwĂŒchsigen âHeldenâ aus Sachsen, denn sie sind ja plötzlich zum Greifen nahe: wenn schon nicht die Romanprotagonisten selbst, so wenigsten einige ihrer nicht weniger berĂŒhmten Utensilien wie der 25schĂŒssige Henrystutzen, der schwere BĂ€rentöter und nicht zuletzt die SilberbĂŒchse. Geschichtsinteressierte erhalten Einblick in die historischen Lebenswelten der nordamerikanischen IndianerstĂ€mme Tlingit, Apachen, Komanchen, Dakota und Irokesen. Ich beobachtete einen GroĂvater, der nur mit einer ungeschickt kaschierten Ungehaltenheit auf die nicht enden wollenden Fragen seines Enkels an der Hand antwortete, und dachte mir dabei, das ist bestimmt auch einer meiner Sorte, der wohl abhold jeder literaturkritischer Theorie zum Gesamtwerk Karl Mays eine Aussage Hermann Kants absolut vorurteilsfrei unterschreiben wĂŒrde: âO herrlicher sĂ€chsischer LĂŒgenbold, gepriesen sei dein vielgeschmĂ€hter Name! Dank dir, du genialer Spinner aus Hohenstein-Ernstthal (Mays Geburtsort, A.d.V), dank dir fĂŒr tausendundeine Nacht voller Pulverdampf und Hufedonner. HeiĂen Dank fĂŒr Ăquatorsonne und PrĂ€riewind und WĂŒstensand und Steppengras, fĂŒr Shatterhand und Hadschi, fĂŒr Winnetou und Geierschnabel, ungeschmĂ€lerten Dank dafĂŒr, was immer sie dir auch nachsagen.â Und doch muss der Schein meines Idols aus der Knabenzeit in diesen Tage mehr und mehr verblassen. Den Völkermord der TĂŒrken an den Armeniern zum Beginn des 20. Jahrhunderts thematisierend, schreibt Christian Schmidt-HĂ€uer in einem erschĂŒtternden ZEIT-DOSSIER (Nr. 13, 23.MĂ€rz 2005): âInfam opferte Karl May die Armenier den kaiserlichen Interessen. Der Schriftsteller, der sich einer Breitenwirkung erfreute fast wie BILD heute, schrieb in einer seiner ErzĂ€hlungen: âWo irgendeine HeimtĂŒcke, eine VerrĂ€terei geplant wird, da ist sicher die Habichtnase eines Armeniers im Spiel.â An anderer Stelle unterstĂŒtzte er indirekt die Massaker: âEin geordnetes Mittel, um sich gegen die Armenier zu schĂŒtzen, gibt es nicht. Der TĂŒrke handelt in Notwehr!ââ Und meine SĂŒnden zwischen Inge und Anneliese? Warum in den Beichtstuhl gehen, wo doch auch Kant bereitwillig Absolution erteilt: â... ein sympathischer Mensch, der Karl May liest, und ein unsympathischer Kerl, derâs leugnet.â Karl-May-Museum, Karl-May-StraĂe 5, 01445 Radebeul; Tel. (0351) 83730-0; www.karl-may-museum.de Ăffnungszeiten: MĂ€rz bis Oktober, Dienstag â Sonntag: 9.00 â 18.00 Uhr und November bis Februar, Dienstag â Sonntag: 10.00 â 16.00 Uhr
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