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Bei der Granatapfelernte in Rahova – 45g
prose [ ]
Erinnerungsroman von Anni-Lorei Mainka [Almalo ] (1958 – 2014)
Compilation: Ãœbersetzungen

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by [Delagiarmata ]

2024-10-25  | [This text should be read in deutsch]  

Literary Translation - Translations of classic and original poetry and other materialsThis text is a follow-up  | 



Abfahrten, Zuteilungen,

Die Repartition war eine Schwelle zwischen zwei Grenzen, vorhersehbar, unter Dauerbeobachtung. Einige gingen zum Militär und danach „auf den Posten“, der ihnen zugewiesen worden war. Die hatten plötzlich zwei Schwellen in einem Jahr. Die Absolventinnen gingen nicht zur Armee. Nach der Zuteilung entschieden sie sich für „den Posten“ oder die Heirat. Auch das eine Art Repartition, „der alten Welt“ entwischt oder, wie Großmutter sagte, „ernste Mädchen an ihrem Platz“. Vielleicht war es nicht gerade der gewünschte Platz, aber Viele heirateten, als hätten wir den Exodus aus ’36 nach Palästina gehabt. Im Laufe einiger Sommermonate waren alle verheiratet, schwanger oder, wenn sich ihnen auch andere Überlebenschancen boten, ins Ausland geflüchtet.

Ach, ich habe vergessen: Es gab noch die, die ihre Zuteilung annullieren konnten und mit Hilfe mehrerer Umschläge, die von einer zur anderen Institution zirkulierten, repartiert wurden. Nicht mit der rumänischen Post, nein! Was glauben Sie, wohin die auf zauberhafte Weise in jenen grauen und armen Zeiten gelangten? Direkt nach Bukarest! Wichtig war, du hattest einen Umschlag, etwas zum Hineinlegen und wichtige Hände, entschlossene und ohne Spuren von Zögern. (Wer mehr zu diesem Thema wissen will, kann sich Einakter vom beim Erdbeben von 1977 umgekommenen Schauspieler Toma Caragiu anhören.)

Mit dem Beginn der Repartition begann ein Leben wie in Kafkas zentraler Szene der „Metamorphose“. Die Hochschulabsolventen hofften, dem sozialen Schraubstock zu entkommen, der wie ein Baumastschneider wirkte, mit seinen unverzeihlichen Messern alles uniformierend. Was wir, die Repartierten, nicht wussten, war, dass es sich um einen Wechsel von Schlecht zu noch Schlechter handelte. (Einige hatten es etwas besser, wenn sie in ein Gebiet kamen, das sie kannten, oder Verwandte dort hatten.) An „Daciada“* habe ich kaum noch Erinnerungen. Ich weiß, dass ich monatlich auf ein paar Hunderter meines Gehalts verzichtete, weil diese „allgemeine Kulturveranstaltung“, die viele Teile des Landes aufgewirbelt hat, wie durch ein Wunder immer nur samstags und sonntags stattfand.

Der Dorfwettlauf wurde samstags abgehalten, wenn die Pendler, zu denen auch ich gehörte, nach Bukarest fuhren. So schnipselte man mir am Gehalt herum. Die Sitzungen fanden freitags nach dem Unterricht statt und wieder wurde das Gehalt gekürzt. Was ich ausgezahlt bekam, war eine Art Vergütung für den Mut, vor Tagesanbruch aufzustehen, um unversehrt in die Dörfer des kartellierten und durch die Experimente der Partei verarmten Landkreises zu gelangen, und für den Mut, abends in die Stadt zurückzukehren, mit allen damaligen Opfern. Die verschiedenen Wettbewerbe, bei denen einige Professoren und Schüler teilnahmen, wahrscheinlich aus dem Umfeld der Schule, waren auch auf Samstag und Sonntag festgelegt.

Ich habe stets versucht, den letzten Bus zu erreichen, den letzten Zug, und wenn mir das nicht gelang, versuchte ich es wie viele andere per Anhalter zuerst bis Pitești und dann Richtung Bukarest. Vom Anhalter-Problem sprach niemand, ein anderes Tabuthema, aber jeder praktizierte es. So rar die Züge und Busse auch fuhren, mussten wir irgendwie mobil bleiben, oder wir blieben wochenlang der Stadt fern.

„Komm, gnädige Frau, fahren Sie mit mir“, rief ab und zu ein Chauffeur, sich am Lenkrad und einer Zigarette festhaltend, „schau nicht so, ich bin allein und tue dir nichts.“
Jemanden nichts anhaben hieß, dass er dich nicht aus dem Auto warf, dich nicht ausraubte, auszog oder gar vergewaltigte. Du konntest auswählen. Das machten wir, die am Straßenrand standen, fast alle. Manchmal stiegen wir ein, andermal nicht. Nach Instinkt.

Ich habe schon von Fällen gehört, die nicht gut ausgingen. Wir waren etwa zwei Wochen lang eingeschüchtert und haben dann vergessen. Das Leben ging weiter, so als ob nichts passiert wäre, und das Anhalten wurde eine selbstverständliche Fortbewegungsmethode. Von dem Vorfall mit der „glücklosen“ Person wurde einige Tage im Flüsterton gesprochen. Es war aber die Zeit des schnellen und vorsätzlichen Vergessens, um der Trauer weniger Raum zu gewähren. Wir hatten keine Wahl: Die Züge fuhren selten oder gar nicht, zu Fuß bist du nicht weit gekommen und vielleicht waren doch nicht alle so böse, wo du doch die ganze Zeit vernommen hast: „Das Schicksal ist mit dir.“ Ich glaube, das Schicksal war mit uns. Gegen mich war es anscheinend nicht. Ich blieb Professorin auf dem Lande, bis es nicht mehr ging.

„Warum steigst du nicht ein, he? Weil ich keine Schuhe oder lange Haare habe . . . ?! Eh, aber du riechst gut, komm, ich habe ungarisches Parfüm . . . schau . . .!“ Der langhaarige Mann nahm unter dem Sitz eine Flasche mit Pumpe hervor und sprühte in der Gegend herum.

Ein Fahrer mit sehr langem Haar hatte angehalten. Ein Schmuckherrgott war mit einer sehr langen Kette am Spiegel festgebunden. Der beklagenswerte Gekreuzigte pendelte im Kreuzgold hin und her und schlug dauernd in die Windschutzscheibe! Und ja, er hatte keine Schuhe, trug Schlappen und neue Bluejeans, und die Musik vibrierte in der abgestandenen Luft, während Christus sich zu schaukeln schien, dabei geheimnisvolle Energien verbreitend; wenn du den Blick des überglücklichen, langhaarigen Fahrers interpretieren wolltest. Den störte nichts. Ich stieg ein, aber mit Angst. Die Tasche habe ich nicht hinter mich gelegt, sondern hielt sie auf den Beinen. Mein Blick war wahrscheinlich so misstrauisch, dass der ungeniert Schmuggelzigaretten rauchende Chauffeur, mit Schlappen an den Füßen und Strähnen in den Haaren, laut zu lachen begann und mir sagte, dass er „dort drüben rechts“ anhalten und mich meinem Schicksal überlassen würde, um so das Problem mit den Langstreckenfahrern wirklich kennen zu lernen!

Eh, gerade diesem Fahrer gelang es, mich zu erschrecken, so dass ich beschloss, bei Kilometer 35, wo die einzige Raststätte mit Restaurant war, auszusteigen und ein anderes Fahrzeug zu nehmen, mit einem normalen Chauffeur, der den Blick eines gegen Abend abgearbeiteten Menschen hatte oder der wenigstens nicht so lauthals lachte. Habe aber keinen gefunden. Ich stand und wartete, habe gefragt und bin zum Schluss doch bei dem Langhaarigen in Schlappen gelandet: „Eh, siehst du Fräulein, das Schicksal ist mit dir. Ich fahr dich nach Hause und erzähle deiner Mutter von deinen Dummheiten. Das ist ein großer Schwachsinn … lieber holst du dir eine Wohnung in Pitești und lässt das Theater zum Teufel sein.“

Ich habe mich während der Fahrt gefragt, warum ich überhaupt nach Bukarest will. „Ich will ins Theater, um mich mit meinen Freundinnen zu treffen.“
„Es gibt keine Freunde, nur Arbeit und Familie, heutzutage hast du nichts ohne Geld und eine Mutter.“
Und er begann mir von der Schwere des Lebens zu erzählen, wie du „Geist“ sein musst, um dich durchzuschlagen, „damit du etwas hast“, dass du dich nicht unterkriegen lassen darfst von Spitzeln und Dieben. Sein Mund ruhte keinen Augenblick.
„Und Sie, welchen Beruf üben Sie aus, wo Sie so schön reden, Geld für Zigaretten und Parfüm haben und ein Auto? Auch lange Haare dürfen Sie tragen.“
„Ich, gnädiges Fräulein, saß im Gefängnis, schau, ich zeige dir die Bestätigung, und jetzt mache ich den Wächter in Bukarester Hotels und zähle Menschen … später weiß ich nicht.“

Die Antwort hat mich verwirrt, mir wurde fast schwindelig. Ich habe nie gedacht, dass ich einen Häftling kennenlernen würde, einen Spitzel, der fürs Menschenzählen auf der Straße Geld bekommt. Ich wäre gerne aus dem Auto gesprungen, direkt in den Wald und von dort weiter, um zu vergessen, alles, alles. Aber das ging nicht, ich habe ihm noch einige Stunden zugehört. Er hat mich wirklich bis nach Hause gefahren, wo Mutter seelenruhig die Blumen goss und Vater die Zeitung las.

„Oh, wie wir uns freuen, dass Sie sie heimgebracht haben. Sind Sie ein Kollege vom Katheder?“
„Nein, gnädige Frau, ja, irgendwie, ein anderer Katheder … Ihre Tochter machte gerade …“, und ich sehe, dass der Langhaarige schweigt und sich von meinen Eltern von allen Seiten umarmen lässt.
„Unsere Tochter macht viel … Und was hat sie jetzt gemacht? … Willi, hörst du, was die Kleine macht? … Los Willi, komm auch du zu uns her!“
„Soll machen, was will, ist gut so, aber Zeitung nicht lesen, das ist schlechte Sache“, antwortete der Vater in seinem rumänischen Kauderwelsch.
Mein Vater bekämpfte das Böse indirekt. Er bestimmte es, andere hatten nicht das Recht es auszuüben. Die Zeitung war nach seiner Meinung auf jeden Fall ein großes Übel. Er glaubte nicht an das Gelesene, las es aber stoisch.
„Gute Nachrichten ist Tore im Fußball.“
Vater war Rapidist* und argumentierte seine Treue für diese Mannschaft mit seiner häufigen Zugfahrt. Ich sah ihn nur dann wirklich weinen, wenn Rapid verlor.
„Für nichts weinen ist lohnen“, war eine nachahmenswerte Devise. Wahrscheinlich kannst du nur so zwei Weltkriege überleben.
Ich bin an jenem Abend ins Theater gegangen, aber lange Zeit fuhr ich nicht mehr per Anhalter.


[aus dem Rumänischen von Anton Potche]


*Worterklärungen
- „Daciada“ = war eine Massensportbewegung im Kommunismus. (Dacia leitet sich ab von der gleichnamigen Provinz, die vom Volk der Dacker (rum.: dacii) bewohnt war und als geo- und ethnographischer Kern des heutigen Rumänien gilt.
- Rapid = Bukarester Fußballmannschaft, 1923 gegründet, damals von der rumänischen Eisenbahngesellschaft gesponsert, spielt heute in der rumänischen SuperLiga als Fotbal Club Rapid im Stadion „Giuleștiʻ.

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