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Bei der Granatapfelernte in Rahova – 6
prose [ ]
Erinnerungsroman von Anni- Lorei Mainka [Almalo ] (1958 - 2014)

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by [Delagiarmata ]

2016-01-08  | [This text should be read in deutsch]  

Literary Translation - Translations of classic and original poetry and other materialsThis text is a follow-up  | 



Vom Zerstreuen, Marean und Prinz II.


Meine Liebe,
wie du dich mit uns quälst!
Ich werde dir ein paar Reihen widmen …

Off, wie du dich geschüttelt hast, wie ein Truthahn beim Anblick der lärmenden Straßenmeute … Aber sie waren nicht so, wir lieben sie für das, was sie waren, nicht für das, was sie sind!
Gib acht auf dich.
Mach dir das Leben angenehm und reg dich nicht mehr auf mit den Nerven mehr, wie man im urigen Rahova sagt. Ich will noch nicht ins Zentrum ziehen, noch einmal auswandern. Ich will nicht hören, dass du mit Puius Krankheit* anfängst, „sozusagen sind sie allein, die Armen“, mit sentimentalem Trinkgeld und Tabak soll mir der Lebensüberdruss vergehen! Lass uns ein paar Jahreszeiten, es wird eines Tages vergehen, wenn noch viele an den Zaun kommen und rufen: Hör zu Tante, komm zahl auch mir das Licht, gib meinem Kind ein Stück Brot, komm, vornehme Dame, du warst nicht in Deutschland, du wirst in Siebenbürgen gewesen sein und jetzt gibst du dich aus Deutschland …

So wurde nicht gesprochen, als ich mich von Mutters entschlossener Hand durch die Tramwayhaltestellen ziehen ließ. Ausdrücke ohne Sinn und Herkunft, wie von der Menge mit Hass verstreut, alles dem Zufall überlassen.

Meine Liebe, zürne nicht mehr, es ist morgens nicht gut im Hof mit einem Hundegebell oder den sich um ein Stückchen Brot zankenden Spatzen. Die Ordnung ist gut, aber verstehe, dauernd mit stummen Menschen in einer Apotheke zu leben, ist sehr schwer. ”

Einige Zeilen aus einem Gespräch mit einer Freundin, die sich wegen meines Ausharrens in Rahova Sorgen machte, ohne den Stadtteil damals, als ich klein war, gesehen zu haben. Ich will nicht weg und sie begreift nicht. Auch ich verstehe nicht, etwas ist kompliziert zwischen Granatäpfeln und Radieschen und weißen Kirschen.

Das echte Rahova, also nach „Der Barriere“, war kein Viertel der verkauften oder mit Schulden erworbenen Hütten. Auch wenn jetzt die Realität auf dem Weg ist, genau das zu werden. Wir, die Alten, paar aus jeder Straße, haben Erinnerungen, die wir schön langsam Kopf an Kopf legen.

Viele sagen: Verkaufe, bist du verrückt geworden, warum bleibst du unter diesen?

Welche diese?, antworte ich, das Wohnen in Rahova, verpflichtet dich nicht, unbedingt zur gegenüberliegenden Hochzeit zu gehen, auch wenn du dort etwas zu sehen hättest.

Die Hochzeiten, muss ich euch sagen, dauern nicht wie vor Zeiten einen Tag, nicht zwei, großes Glück, wenn sie nach einer Woche enden. Seit etwa einem Jahr hat aber anscheinend niemand mehr geheiratet - wie bis vor etwa fünf Jahren.

Wahrscheinlich ist eine Hochzeit in Italien billiger, und sowieso sind alle spektakulär in die warmen Länder gezogen. Das ähnelt einer Vogelwanderung. Als wir klein waren, hielten wir die Hand vor die Augen und schauten mit geöffnetem Mund den Enten oder Störchen nach, wie sie diagonal, geordnet im Dreieck, jede an ihrem Platz vorbeiflogen.

Es waren riesige Schlangen auf dem Weg zu anderen Wäldern, verzaubert von einer nur von ihnen gehörten Musik bis hinter den Horizont, von dem wir sowieso nicht einmal träumen durften, geschweige denn, ihn uns wünschen.

Leichter ist es mit den Begräbnissen. Das komplizierteste war das von Rãducu Pândeanu. Ich glaube nicht, dass jemand außerhalb von Rahova Rãducu kennt, aber ich werde ihn nicht vergessen.

Er war für mich ein Jüngling, ein Bürschlein, appretiert in dunkelfarbigen Anzügen und bestickt mit Brillianten, ein Mensch aus einer Bushaltestelle, wo er nicht auf den Bus wartete. Er stieg seit ein paar guten Jahren aus einem großen Auto in ein anderes noch größeres um, chauffiert von Leuten mit bedrohlich schwarzen Brillen, und wir, die angewurzelt am Rande der Chaussee standen, stiegen leger in den Bus.

Er, Rãducu, hatte wahrscheinlich große Herzprobleme; man sagt, dass sie ihn im Herbst 2006 tot aufgefunden haben, schlicht und einfach so, unweit der Haltestelle, wo er noch gestern im gepanzerten Autos vorfuhr. Herbsttage später gab es dort auf Metern der Chaussee ausgedehnte Tische und Geschwätz … Menschen aus der ganzen Welt sind gekommen, haben in verschiedenen Sprachen gesprochen, man wusste nicht, was vor sich ging. Die Musik spielte vier Tage lang Tag und Nacht. Um Mitternacht machten sie eine Stunde Pause. Der Stadtteil war von der Polizei bewacht. Vor unserem Tor parkten Autos, deren Herkunft ich nicht einordnen konnte, und dann habe ich die Fahrer gefragt:
–Warum parkt Ihr hier vor meinem Tor?
– Na, weil Sie uns nicht bestehlen …
– Aber wer bestiehlt Sie, Herr …?
– Na, die Rumänen …!
– Auch ich bin Rumänin …
– Ach … Sie, weiß die ganze Welt, sind eine Deutsche unseres Viertels …
- Aber ich wohne seit 25 Jahren nicht mehr hier.
- Das spielt keine Rolle, Sie bleiben doch eine Deutsche des Viertels.

Aha, habe ich mir gesagt … eines Tages passt alles zu uns … ein Ruf, ein Stempel von vor 50 Jahren und mehr verlöscht nicht eins zwei, wenn er gut gesetzt ist, sondern sein Wert steigt wie bei einem gut gewebten Teppich.

Die Zigeuner, denn es waren Zigeuner, die sich zu ihrem Nomadentum bekannten und aus der ganzen Welt in die Piatra-Olt-Straße gekommen waren, wussten noch, dass hier irgendwann Deutsche wohnten, die zwangsläufig den Weg der Fremde nahmen. Warum wir eines Tages in unseren Garten zurückkehrten, wollte ihnen nicht in den Kopf gehen. Es waren auch noch andere Deutsche, aber nur wir und eine Familie aus der Hercule-Straße waren aus Heimweh und absurden Erinnerungen zurückgekehrt.

Noch schwerer waren die Tage nach Rãducus Tod. Meine Tochter, die noch nie einen Toten gesehen hatte, hielt sich nach den Kindern und, du wirst es nicht glauben, ich musste sie aus einer Menge in verschiedenen Dialekten laut schreienden Menschen, gekleidet in verschiedenen Trachten, herausholen. Ich blieb versteinert, als ich sah, wie mein Kind den Mann nicht aus den Augen ließ, der mit einer großen Filmkamera auf den Sarg gestiegen war und den bedauernswerten Toten ununterbrochen filmte.

Der bewegungslose Tote, aber als ob sich doch noch etwas regte, draußen warm, er aufgedunsen, die Augen traten aus den Höhlen, mein Mädchen fing an zu schreien in einem von Pflaumen und deutschem Dialekt abgestumpften Rumänisch: Mama, Mama, uite*, er wird die Augen öffnen!

Ich weiß nicht, wie alles in Sekundenschnelle abgelaufen ist. Die Kleine hielt sich mit ihrer weißen Hand am Sarg fest, um den Toten besser zu sehen, ob er die Augen öffnen will oder nicht, schwarze Hände griffen nach mir, ich stürzte mich auf das Kind und machte eine Kehrtwende nach links. Am Tor schallte aus zwei Meter hohen Boxen Militärmusik, als wäre der Tote General gewesen.

Rãducu verweilte aber noch, sich seit Tagen mehr und mehr im Scheinwerferlicht aufblähend, und bis nicht der Letzte sich von ihm verabschiedet hatte, verließ er uns nicht.

Meine Tochter versuchte, ihren Kollegen in Deutschland zu erklären, wie das so ist mit dem Toten und dem Küssen des Toten und dem Abschied im Angesicht des Todes. Sie konnte ihr Abenteuer nie bis zum Ende erzählen, denn niemand glaubte ihr, so dass sie es aufgab.

Diese Trauermusik hat eine barbarische Tonfülle, sie erinnert mit nichts an das Jammern zwischen Schnaps und Ciorba* bei den Beerdigungen, die ich in der Kindheit erlebte.

Ich erinnere mich zum Beispiel an eine im Viertel sehr beliebte Frau.

Sie arbeitete als Chefkellnerin im Restaurant Muncitorul* aus der 13. September-Straße. Sie war klein, dick, immer fröhlich und mit einem blonden, nicht immer hergerichteten Kopf wie alle in meinem Umfeld. Sie schien ganz anders zu sein im Vergleich zu der Schar Frauen, alle auf dem Kopf geschoren wie die Schafe, die morgens mit dem Bus zu IFA (das Institut in der Mãgurele-Str.) fuhren. Dort waren sie bestimmt Putzfrauen oder wer weiß was. Wie auch immer, wie Chemistinnen oder Physikerinnen sah keine aus.

Diese Tante von Muncitoru ist aus Liebe in unsere Straße gekommen.

Ja, in ihrer Fröhlichkeit verliebte sie sich in Ion Coroboianu und sein Motorrad mit Beiwagen, seinen Ballonmantel und den Hut mit Krempe. Was sie nicht bemerkte, war ein Detail: Ion fuhr sie nur im Anhänger, um seinen erhöhten Konsum von Stamperln und Halben bei Muncitoru nicht zu bezahlen. Und wie zu erwarten, raste er eines Tages in die Pfosten der „Barriere“, er verlor ein Auge, sie lag verstreut auf dem Gehweg und verstarb. Staunen, Trauer, Neugierde, ich türmte von zu Hause und ging sie anschauen.

Sie hatten sie gut zurechtgemacht, auch blond, mit Perücke, aber ihr blassfahles Gesicht hatte seine Fröhlichkeit verloren. Die Umstehenden flüsterten, zu weinen traute sich niemand, aber sie scheuten sich nicht, Ion zu verfluchen, weil er die lebenslustigste Frau aus dem Viertel ins Unglück gestürzt hat. Ion ist aus Scham nicht zu uns in die Straße zurückgekehrt und hat sich irgendwo bei Venus, an der ersten Haltestelle in unserer Chaussee, ein Haus gekauft. Sein Gruß mit dem Hut und einem Glasauge, das perfekt den Augen aus der Metzgerei an der Kreuzung glich, war alles was an Ion Coroboianu erinnerte, der Generationen von Kindern mit seinem Motorrad erschreckt hat.

Der Geschmack jenes Opferkuchens mit zu viel Rum blieb mir in Erinnerung. Mutter freute sich, als ich zurückkam, und ließ mich beschreiben, wo ich war und was ich gesehen hatte. Vielleicht ist das der Grund so vieler Details wie eingepresst in einem Aktenordner des Gedächtnisses.

Rãducu Pândeanu war nicht, was weiß ich wer. Irgendwie vielleicht doch eine wichtige Person mit einem Sinn für Beziehungen. Wie anders war die große Zahl von Autos zu erklären, die uns umgaben, uns in einer Welt von Autos und Bieren einschlossen. Als er im Triumphzug seinen letzten Weg antrat, säumten eine zweistellige Zahl von Polizeifahrzeugen die Mãgurele-Chaussee, bis sie ihn über die Kreuzung gefahren hatten, sie haben mit Gauscheln Geld geschmissen und jauchzten in verschiedenen Ausprägungen.

Seit damals ist unser Nachbarviertel – eine Gasse heißt sogar Mãrgineanus-Straße – in eine Starre verfallen. Die gepanzerten Fahrzeuge sind verschwunden. Rãducus Spitzenplatz versucht dauernd ein unerzogener Lausbub, aber mit ebenso schönen Autos, einzunehmen.

Er nennt sich Prinz, spricht gebrochen Deutsch und fühlt sich verpflichtet, mir deutsch zu grüßen, mir dabei mit seiner für einen Stadtteilchef zu kleinen, auf einer perfekt gewaschenen Wagentür bimmelnden Hand zuwinkend.

Sein kleiner Junge hat schon einen Motorroller. Er hat auch eine Schwester und eine Tante und ein Kindermädchen, aber von der ich nicht weiß, was sie ihm beibringt, denn er kommt und schreit durch den Zaun, wenn du es am wenigsten erwartest.
- Papa war in Deutschland und sagt, dass du nicht dort warst …
- Was willst du Lauskerl?
- Ich bin kein Lauskerl, ich mach mich zum Chef, Prinz II.
- Wo denn, Lauskerl?
- Ich sag dich Papa, wenn du Lauskerl sagst. Papa hat gesagt, dass ich sagen soll, dass ich Prinz II. heiße.
- Gut Prinz II, was wirst du, wenn du groß wirst?
- Na, Prinz II. …

Bis zum Schluss, ja, passen wirklich alle zusammen.

Einige wissen es von klein an: Sie werden Prinz II, sie werden Marean, der von seiner Perfektion überzeugt ist wie der Adler im Flug, wenn er Interviews mit aus dem Himmel gerissenen Antworten mit Brio übersteht; aber ich beginne jetzt zu begreifen, dass das kollektive Gedächtnis schrecklich unter den sozialen Erdbeben der letzten Jahrzehnte und der Reformen gelitten hat, und es, das kollektive Gedächtnis, regeneriert sich nicht mit Hoffnungen und Witzen.

Wie viele Bücher wir auch buchstabieren, schreiben oder lesen werden - was vergeudet wurde, bleibt vergeudet!

[aus dem Rumänischen von Anton Potche]



* Worterklärungen
Puius Krankheit = im Volksmund zu Chronischer Bronchopneumopathie (Lungenkrankheit)
uite (rum.) = schau
ciorba (rum.) = gesäuerte Fleisch- und Gemüsesuppe, rumänisches Traditionsgericht
muncitorul (rum.) = der Arbeiter

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