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Eine Krone von Veilchen
prose [ ]
III Teil: Ãœbersetzung aus dem Englischen nach dem Originaltext von Geoffrey Trease

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by [Szeren ]

2024-10-15  | [This text should be read in deutsch]    | 



Cephalus hingegen drehte sich um. „Alles gut, meine Liebe,“ sagte er in einer sich überstürzenden Stimme, recht ruhig. „Ruhe dich aus. Keiner kann diese Pose lange einnehmen.“ Er legte sein Haupt so zur Schulter, dass er Alexis mit schmal gezogenen Augen von Kopf bis Fuss eingehend ansah. „Zeig mir dein Profil. H´m, ja. Ich kann mich nicht erinnern, dich eingeladen zu haben, zu kommen um mir einen Besuch zu machen. Aber du kannst das natürlich mal machen.“
„Machen?“, echote Alexis mystifiziert.
„Als Model für Pan, sollte ich jemals eines benötigen. Ist es nicht deswegen, dass du hier auftauchst?“
„Nein, Sir!,“ lachend erklärte Alexis sein Auftauchen. „Obwohl es mir eine besondere Ehre wäre, bin ich überzeugt, dass mein Vater bestimmt keinen Wunsch hätte, dass Sie von mir eine Statue herstellten.“
„Es wäre doch auch keine Statue von dir,“ korrigierte ihn Cephalus, „ebensowenig wie dieses eine von Corinna sein wird. Es ist, wie du schon sagtest, eine von Artemis, der Jägerin-Jungfrau. Corinna posiert, weil sie, in vielen Hinsichten der Typ ist, an der ich Interesse dafür gewonnen hätte. Das sah ich ihr sofort an, als ich ihr auf der Straße begegnet war. Du bist allerdings nicht vollkommen,“ sagte er mit einem Finger sie wie androhlich anpeilend, während sie an ihrem Sockel sitzend, herunterlächelte, „und eine Göttin muss vollkommen sein. Dein Kinn ist falsch – aber das macht mir nichts – ich kenne da ein anderes Mädchen, das mir wieder ein Kinn geben wird, das ich möchte. Und deine Ohren sind ziemlich – ziemlich unmöglich für eine wahre Artemis. Da werde ich die Ohren von Lysilla oder vielleicht auch von Gyllis dafür hernehmen müssen.“
Corinna lachte ihr leises Lachen, um anzudeuten dass sie gekränkt sei. „Wenn meine Züge so schlecht sind, wieso nimmst du nicht eine von ihnen dann her, um für die ganze Gestalt zu posieren?“
„Naa – meine Liebe, wenn du die anderen doch nur sehen könntest! Stell dir vor, dass eine von ihnen auch mit einem Rudel Hündinnen und Hunden über Gebirgsklämme heranpirscht! Nein, du bist das Model, das ich will, mit allen deinen Fehlern.“
„Danke, Sir!,“ antwortete sie sofort mittels eines Anfluges gespöttelter Demut.
„Nun, das ist genug für diesen Morgen, du bist müde und ich müsste schon auf und davon sein, den Markt aufzusuchen. Jawohl, mein Junge,“ drehte er sich zu Alexis um, der begonnen hatte einige Exponate entlang der Mauer zu studieren, „die Statue die du da betrachtest, ist eine der best-geratenen Büsten, welche ich jemals in meiner Werkstatt entstanden ist. Sie wurde bestellt um im Hauptplatz eine Sonderstellung einzunehmen, das war anno dazumal. Trotzdem steht sie nun in meinem Studio seit sie vollendet wurde, nun schon seit Jahren.“
„Wessen Kopf ist da drauf?,“ die Stimme des Jungen klang hart angespannt. Er starrte die ovale Rundung des Hauptes an, und keiner konnte seinen genauen Gesichtsausdruck gerade erkennen.
„Magnes, des Politikers. Wie du dich vielleicht erinnern kannst, wurde er verbannt. Sie sagten, er habe mit den Spartanern komplottiert, um die Demokratie zu stürzen und eine Diktatur einzuberufen.“
„Na, sag doch einmal. In Athen!“
„Also, war es nur natürlich dass dann keine Rede mehr davon war, ihn mit einer öffetntlichen Ehrung durch eine Büste zu bedenken. Ich will Anton heißen, wenn er sein wahres Gesicht hier nicht nochmal unter Todesschmerzen trauen wird zu zeigen.“
„Ich mag ihn nicht,“ meinte Corinna ganz schlicht und ehrlich, als sie seine gemeißelten Züge genau besah. Wieso behältst du sie noch?
„Oh, man kann das nie wissen. Magnes hat hier noch ein paar mächtige und prächtige Freunde unter den reichen Familien. In der Politik kann immer wieder etwas zum Rollen kommen. An einem Tag bist du niedrig, am nächsten Morgen bist du wieder oben. Wir könnten den Tag noch sehen, wenn Magnes zurück nach Athen kehrt und uns Lumpen-Pack ein Diktat aufgibt – wo soll ich dann landen, wenn heraus gefunden wird, dass ich seine Statue auf die Müllhalde gebracht habe?“
Alexis war still als er aus dem Studio hinaustrat. Er dachte scharf nach. Die Statue hatte das unvergessliche Paar Unterkiefer, die stolze Nase und die überhöhten Wangenknochen, die er abends zuvor unter dem rustikalen Hutvorsprung erblickt hatte. Das ganze Gesicht war das des Mannes der mit Hippias zuvor geflüstert hatte.


7. Die Schmeißfliege

„Gut, gut, dachte mir, dass du mit mir doch sprechen mochtest,“ klagte Corinna mit einem amüsierten Grübchen im Mundwinkel, „jetzt sind wir trotzdem die ganze Länge der Straße entlang gelaufen, und du hast mir noch kein Wörtchen gesagt. Für eine lebhaftere Konversation, kannst du mir eine Statue abgeben.“
„Entschuldige, Ich habe das gerade als einen Schock erlebt.“ Alexis zögerte einen Moment, dann vollzog er ein Untertauchen: „Es sieht völlig so aus, dass dieser Mann, der eine Diktatur -“
„Oh, den Mann meinst du, mit dem schreckenserweckenden Gesicht!“
„Ja. Ich könnte schwören, dass ich ihn letzte Nacht draußen bei dem Itonianischen Tor während des Wettrittes gesehen habe.“
„Angenommen, du habest...“
„Aber siehst du denn nicht – hast du nicht gerade gehört, was Cephalus angesagt - ? Er wurde noch vor Jahren ins Exil geschickt.“
„War er?“ Sie hatte augenscheinlich auf die Konversation im Studio nicht sorgfältig wertgelegt, und dennoch, kam er plötzlich, in der Bedeutung dessen was er sagte, zu ihr durch. Sie wandte sich ernstlich interessiert um. „Oh ! . . . Was macht er dann in Athen?“
„Das ist es, was ich sehr gerne wissen möchte,“ meinte Alexis grimmig, „Und wüsste ich auch, was ich tun muss?“
„Erzähle es doch deinem Vater!“
„H´m. Es würde einige Erklärungen voraussetzen, darüber was ich im Studio von Herrn Cephalus suchte.“
„Dein Vater wäre wohl nicht sehr einverstanden mit mir.“
„Na ja...“
„Du musst dich nicht entschuldigen. Athenische Jungen sind nicht darauf aus, mit Mädchen sich abzugeben. Das ist es auch, wieso ich beinahe von dem Podium gefallen bin, als du mir nichts, dir nichts, herein kamst. Ich habe mich gefreut, deine Stimme zu vernehmen – ich habe mit keinem Menschen mehr ein Wort gewechselt seit des Tages in der Höhle. Um bei dem Thema zu bleiben, wie geht es denn deinem Freund mit der netten Physionomie?“
„Er ist nicht sehr zufrieden mehr mit mir,“ Sagte Alexis, während er einen Lacher ausprobierte. „Seine schöne Nase wurde ausgeschlossen – oder so fühlt er es eben.“
„Wodurch?“
„Von dir.“
„Von mir?“
„Ja, du musst sehen, dass wir jahrelange Freunde waren. Es war nur – du musst unbedingt doch wissen wie das ist – dass du doch nicht die ganze Zeit lang mit jemandem Freund sein willst, ungeachtet dessen wie sehr du ihn magst. Du möchtest doch ein bisschen ein Recht auf dich selbst besitzen... Du kennst sicher das Gefühl, nicht?“
Sie nickte ihr dunkles Gesicht. „Du hast ja gesehen, wohin ich mich aufmache.“
„Na, und siehst du, Lucian scheint nicht so zu denken. Er mag keine Lektüre, und er ist mehr der aktive Frohsinn – möchte jede Minute etwas auf die Beine stellen, und erwartet dass andere ebenso sind.“
„Ich sehe immer noch nicht, wo ich da hineinpasse.“
„Nur, dieses, wenn ich eine Stunde für mich selbst brauche, springt er zu dem Schluss, dass ich eigendlich mit dir zusammen bin, und mit dir lieber als mit ihm herumspaziere - “
„Wie unsinnig,“ konterte sie ernsthafter Mine.
„Völlig irrsinnig,“ gab Alexis mit mehr Wärme denn Taktgefühl zurück. „Ich habe es ihm geschworen, dass ich dich seit des damaligen ersten Tages nicht mehr vor Augen hatte, aber er war so eifersüchtig, dass er es mir nicht geglaubt hat. Deshalb dachte ich, zum Geier, ich gebe ihm schon noch etwas, worauf er eifesüchtig sein kann -“
„Und also bist du jetzt hier?“
„Hier bin ich.“
Sie hielt kurz inne und stellte sich in voller Gestalt vor ihn. Das Blut war ihr in die Wangen geschossen und ihre grauen Augen sprühten.
„Danke, dass du mir das gesagt hast. Ich weiss ja, dass die Mädchen Athens wie Kehrricht behandelt werden, aber das tust du mir nicht an. Mich zu benutzen, um ihn eifersüchtig zu machen – als würde man ein Spielzeug hochheben, um da andere Kind aufzuregen - “
„Oh – grundgütiger Himmel!,“ schieh er da verzweifelt aus. „Ich meinte das ja gar nicht so. Jeder misversteht immer alles.“
„Dann wollen wir fortan keine Misverständnisse unter uns mehr dulden, sowieso. Wenn wir mal Freunde sein werden, möchten wir doch Freunde sein, weil wir das wollen, nicht weil wir jemanden damit ärgern oder aufziehen können.“
„Natürlich -“
„Und keine weiteren abwertenden Kommentare mehr, nur weil ich ein Mädchen bin, und meine Mutter ein Gasthaus bewirtet.“
„Nein“, versprach ihr Alexis ehrlich. „Aber du musst auch etwas versprechen.“
„Keine Lachsalven mehr gegen Athen. Wenn die Stadt gut genug ist, dass du darin lebst, ist es nicht fair, lange auf sie herab zu blicken.“
Corinna nickte langsam. Die Wut aus ihrem Antlitz war aus den Wangen verschwunden, und sie sah ihn respektvoller denn je an. „Also gut. Ein junger Mann sollte für seine Stadt auch mal aufstehen. Ich konnte dich nicht mehr achten, weil du es selbst auch nicht tatest. Ich werde nicht geringschätzig lachen, aber - “, und sie versteckte eines ihrer verinnerlichten, leisen Lacher, „Kann ich dennoch intelligente Kritik üben? Ist es doch gang und gäbe, dass in überall in Athen Meinungsfreiheit herrscht?“
„Du lernst freilich,“ meinte er mit erfreutem Grinsen. „Lebe hier für ein oder zwei Jahre und du wirst schon eine von uns werden.“ Aber die Art wie er es sagte, verbarg nicht, dass er nicht davon hielt, dass es sich jemals bewahrheiten würde. Obwohl sie in Athen geboren wurde, war sie eine Fremde und würde niemals etwas anderes sein. Es war überhaupt für Fremde das Schwerste, Athenische Bürgerschaft zu erhalten, und für eine Frau war es undenkbar. Sie konnte nicht einmal einen Athener heiraten, es war ungesetzlich.
Sie gingen weiter. Leute starrten herüber. Am nächsten Straßenwinkel, wo es noch emsiger wimmelte, und sie schon das Gezetere und Gemurlmel des Marktes vernehmen konnten, sagte Corinna: „Lieber gehen wir am Wegkreuz, getrennt, weiter. Ich weiss dass du sonderbare Gefühle haben musst, mit mir jetzt da lang zu gehen.“
„Nein, nicht wirklich - “
„Lass uns doch mal ehrlich werden – oder gar nichts. So sind die Dinge nun mal hier. Und ich möchte nicht, dass du einen Streit mit deinem Vater vom Zaun brichst. Und brich auch mit Lucian die Freundschaft nicht ab – das möchte ich auch nicht. Sag mir, dass du dich mit ihm aussöhnen wirst, und keinen Stuss mehr brabelst, von deiner Würde!“
„Alles klar, Beste, aber ich werde deine Freundschaft aber dann wohl auch bekommen.“
„Dann komme morgen hinauf zu der Grotte, wenn du kannst? Ich gebe dir deine erste Flötistenlektion!“
„Das kriegst du einen Handschlag drauf: abgemacht!“ Sie gingen am Straßeneck auseinader, und er sah ihr nach, bis sie seinem Blickfeld entschwand. Manche Menschen mochten ihr nachsagen, eine Fremde zu sein -
wenig mehr als eine Frau Minderlich – jedoch ging sie in der Stadt umher mit würdigem Schritt als wäre sie die Gottheit Athene selbst.

Im Sog der sonderlichen Begebenheit bezüglich Magnes Ansehen gab Alexis dem inneren Impuls nach, Lucian in den Schulstunden im Gymnasium, erstrecht am Nachmittag, einen Hinweis zu geben. Es sah folgendermaßen aus: Es war an Lucians Reihe, Blumen und Dekorationen für die alte Hermes-Statue, des Gymnastic Patrons, herbei zu schaffen und sie zum Ehrenplatz in der Einsiedelei zu bringen.
„Kann ich dir dabei irgenwie behilflich werden? Bot Alexis interessiert an.
Lucian sah eine Weile um sich. „Oh-“ Er sah überrascht drein. „Wenn du magst. Ich bin gerade dabei auszuprobieren, die Hyazinthen hier anzubringen, und das hängende Cyclamen mit dem kletternden Efeu entlang der Bordüre zu umwickeln.“
„Ich sehe was du meinst. Lucian ich möchte dir etwas sagen.“
„Sag an.“ Lucian sah sich auf der Hut.
„Es geht nicht um uns zwei. Etwas wirklich Wichtiges. Ich muss es einfach jemandem mitteilen, leider kann ich keinem anderen sonst vertrauen.“
Schieß los. Lucian sah ihn auffordernd an, sichtlich angetan. Alexis erzählte ihm vom Fremden, und wie ein zufälliger Besuch bei Cephalus im Studio ihm dessen wirkliche Identität gezeigt hatte. Natürlich musste er Corinna auch erwähnen, er würde ihn sonst angelogen haben, was ihm ferne lag – während er ihm die ganze Wahrheit eröffnete, dass er das Mädchen zuvor für lange Zeit nicht gesehen hatte, um die er sich an dem Morgen selbst Gedanken gemacht hatte, als er so wild und zornig über Lucian geworden war. Sein Freund hörte ihm sorgenvoll zu. „Es tut mir leid,“ sagte er. „Es war biestig meinerseits dir nicht sofort geglaubt zu haben.“
„Vergessen wir´s. Dies´hier jetzt ist wichtiger – und schlussendlich ist dieser Streit die Gelegenheit gewesen, von Magnes Herkunft etwas zu erfahren.“
Einer der Boxkampf-Trainer nahte sich an dieser Stelle barfüßiger Schritte, indem er des Klostereingangs entlang kam. „Bleib nicht den ganzen Tag mit den Blumen beschäftigt, du junger Lucian ! Und du, Alexis, wieso bist du nicht bei den Schwertwerfer-Übungen?“
„Ich komme schon, Herr Aufsicht!“ Riefen sie in einem Ton. Bevor sie auseinander traten – Lucian, in den Ring und Alexis feldeinwärts, hob Lucian an zu sagen: „Warte auf mich nachher. Wir überlegen zusammen was da jetzt getan werden sollte.“
„Grandios.“ Alexis sprintete hinaus in die Sonne, die ihn zunehmend mit Glücksgefühlen und Freiheitsdrang erfüllte.

Sicher, kann es sein, dass nichts Faules an der ganzen Sache steckt, sagte Lucian während sie langsam nach Hause schlenderten. „Ist nicht vielleicht doch stark anzunehmen, dass du dich auch in einer entlegenen Weise irren kannst?“
„Nein. Es waren so einschlägige Gesichtszüge und sein Ausdruck... Und es ist auch nicht der Fall, dass ich zuerst von Magnes etwas gehört hätte, und ihn danach als Teilnehmer in irgendeiner Weise auf dem Wettkampf wieder entdeckt hätte. Es war genau umgekehrt. Und was ich ihn und den anderen miteinander besprechen abgehört hatte, erwies sich eigens, betrügerisch, zumindest jedoch verdächtig, wenn ich es auch damals nicht gleich kappierte.“
„Es könnte Sinn ergeben,“ pflichtete Lucian mit einem gedankenverlorenen Zucken bei. „Hippias sagte, es sei `extrem gefährlich` - mit der Bedeutung, dass es für Magnes eine Gefahr beinhalte, in Athen aufgefunden zu werden.“
„Das genau ist es, wie ich es auch sehe.“
„Und Magnes gab zu verstehen, dass sich das Risiko auszahle, und es möglicherweise sogar gefahrlos wäre, zumal die Dunkelheit Faktum war.“
„Somit könnten ihn die Leute nicht erkennen. Denk doch, er hatte einen Sonnenhut, redete aber nicht wie ein Bauerflegel. Und zudem, verstand er sich sehr gut mit meinem lieben Bekannten, Hippias!“
„Es gefällt mir gar nicht,“ sagte Lucian, „ich habe als Kind bereits von Hippias gehört. Man wird nicht für etwas Harmloses ins Exil geschickt.“
„Es muss schrecklich sein. Alle zu verlasssen die du kennst, alles das dir je etwas bedeutet hat... Ich kann es mir zumindest nicht vorstellen, wie es sich anfühlen muss, im Exil zu leben.“
„Ich kann mir nicht vorstellen das du etwas tun könntest, um eine Verbannung zu verdienen. Leute, die gegen ihre Stadt komplottiert haben, verdienen alles wozu man sie verurteilt. Sicherlich verdienen sie nicht weiter, hier zu leben. Eigentlich,“ sagte Lucian in einem raueren Ton...“sollten wir also entscheiden, was hier zu tun ist.“
„Das sollten wir schon.“
„Du kannst es deinem Vater niht erzählen, weil das bedeutet zu viele Erklärungen abzuliefern – wie du in Cephalus Studio eingeschleust kamst, als du schon in Milo´s Schulhaus sein solltest.“
„Ich denke, dass wir Cephalus überhaupt aus der ganzen Geschichte auslassen sollten, sofern das geht,“ unterbrach ihn Alexis entgeistert. „Würde es für ihn nicht nur Ärger geben von manchen Menschen – engstirnige Leute, meine ich – wenn zu Tage treten würde, man hörte, dass er diese Statue noch im Familienbesitz behält.“
„Das ist sein eigenes Revier. Er soll eben keine solche Statue eines Verächters und Verräters behalten.“
„Aber es ist doch ein Kunstwerk, Lucian! Eines der großartigsten, das er überhaupt je angefertigt hat.“
„Dafür kann ich jetzt nichts. Er sollte es zum alten Eisen geben.“
„Na ja... Streiten sollten wir deswegen jetzt nicht.“ Alexis forcierte sein Lachen wieder. „Kannst du es deinem Vater denn beibringen? Ich meine, ihm nur zu verstehen zu geben, dass ich denke, diesen Magnes erblickt zu haben – ohne ihm zu sagen, wie und woher ich das Gesicht erkennen konnte. Ich könnte ihn schließlich kennen gelernt haben, bevor er ins Exil gelangt ist. Dann könnte dein Vater doch immer noch eine Bemerkung vor jemandem aus dem öffentlichen Leben fallen lassen, der die Geschichte jedenfalls besser als ich einer Prüfung unterziehen kann – und sie könnten dafür die Augen offen halten, ob Magnes sich diesseits der Grenze wieder zeigen wird.“
„Ich habe ein bessere Idee. Mein Onkel ist im Stadtrat – derjenige dem unsere Pferde gehört haben. Am besten ist es, alles in die richtigen Kanäle einfließen zu lassen,“ sagte Lucian ernsthaft.
„Ja, besser.“
So gingen sie ihres Weges von dem Gefühl getragen, dass die Sache in ihrer Hinsicht so weit gediegen war, wie man es von ihnen mit einem angemessenen Sinn für erwachsen-werdende Verantwortlichkeit und Gründlichkeit nur hätte erwarten können. Während sie über den Marktplatz kamen, fiel ihnen Hippias auf, nun noch einmal, ohne sich dessen voll bewusst zu sein, erlaubte Alexis erneut seinen Gefühlen hinein- und zurückgeworfen zu sein in die düsteren, gefährlichen Unterwanderungen, die diesen Gentleman zu umgeben schienen.

„Er verlangt geradezu angeblicktund beobachtet zu werden,“ murmelte Lucian sinister. „Wenn Magnes etwas im Schilde führt, dann ist Hippias in das Ganze eingeweiht.“
„Na sag mal´- was wäre wenn wir das Beobachten übernehmen?“
„Na und wie schlägst du vor, dass wir das tun?“
„Eine genaue Ausschau darauf halten, wer seine nächsten Freunde sind. Sobald wir etwas Verdächtiges, Klebriges oder Zwielichtiges zu entdecken haben, es deinem Onkel zu melden.“
„Kein schlechter Gedanke. Solltest du hingegen nicht dennoch vorsichtig sein, da er dein Gesicht schon kennt?“
„Mhm, ja... Insofern als es nur zu entdecken gibt mit wem er sich gut versteht und abgibt – wird er mein Gesicht nicht in einer Menschenmenge von anderen unterscheiden können.“
Hippias befand sich jetzt im Mittelpunkt einer Gruppe von Herumstehenden. Es standen da einige, klug dreinschauende junge Männer, zwei oder drei viel ältere Andere, ein paar Hand-voll Halbwüchsiger im Hintergrund, zwischen denen Alexis und Lucian sich hindurch pferchten, ohne entdeckt zu werden. Sie waren nicht aus dem Häuschen überrascht davon, dass das Debakel von Politik handelte und hitziger wurde. Dennoch war es nicht die gewöhnliche Diskussionsart, die sie üblicherweise oftmals zu Gehör bekamen, wenn sie vor einem Versammlungsort vorgeladen erschienen, von bestimmten Leitern oder Fragenkomplexen. Es war eine Diskussion von allgemeiner Theorie.
Hippias schien sichtlich anerkannt zu sein, als er seine Bemerkungen mit der gewöhnlichen Selbstbestätigung austeilte. „Die ganze Idee der Demokratie ist sehr wackelig,“ sagte er gerade als sie stehen blieben. „Sie basiert auf dem falschen Prinzip, von Beginn an.“
„Wie kommt das denn, junger Freund?“ Sie konnten nicht erspähen, wer das ausgesgat hatte, da eine Säule vor dem Mann stand. Die Stimme war die eines viel älteren Mannes – einfach und sanft, überlegt und vorausschauend, gänzlich ungleichend einem Mann der wie Hippias in hoch erhobenem Ton, affektiert, seine Ziele vertrat.
„Oh, das ist ganz einfach zu erfassen,“ sagte Hippias tonvoll.
„Umso besser, wenn du es mir erklärst, da ich nicht sehr klug bin“ - ein Augenblick der allgmeine Belustigung in der Menge hervorgerief. Hippias schien es wichtig, seinen Standpunkt zu vertreten, denn er war die Kontrolle über sein Publikum aufzugeben nur unwillig.
„Also, wir haven die Regierung des Landes oftmals mit dem Navigationskus einer Galeere verglichen – um mit denen zu sprechen, die von dem Schiff des Staates sprechen - “
„Ein grandioser Vergleich.“
„Jedoch wären wir große Idioten, in See zu stechen und dabei vorhätten, eine - demokratischen Ideen verschworene - Mannschaft aufzubauen!“ Hippias grinste als er diesen Ausdruck fallen ließ. Wenn wir ständig darüber debattieren müssten, wann das Segel zu spannen, wann vor Anker zu gehen, und auch noch wählen würden, wer das Steuer in die Hand nimmt – würden wir bald den Fischen ein willkommener Fraß sein, auf diese Weise.“ Jetzt hatte er die Lacher ganz auf seiner Seite.
„Wer sollte dann aber die Pfeilspitze bilden und unter dem `Ritthelm` angetan unter seinen Compagnons einherschreiten? Aus dem zu schließen, was du vorhin angesagt hast, kann ich mir nur zusammen reimen, dass du dieses Amt dann dem zugestehst, der den größten Besitz für sich verstauen und auch wieder erübrigen kann.“

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